Der Einzige unter einer Minute - Bud Spencer alias Carlo Pedersoli war als Schwimmstar 1951 und 1954 in Schwäbisch Gmünd

Das neue Freibad „Schießtalsee“ war proppenvoll an diesem heißen Sommertag vor 60 Jahren, als das 50m-Becken am 7. und 8. Juli 1951 mit einem Länderkampf Deutschland gegen Italien offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde. 5 000 Zuschauer sorgten für ein damals noch völlig unbekanntes Verkehrschaos auf den Straßen rund um das Bad. Am Freitag wird das Gmünder Freibad in das „Bud-Spencer-Bad“ umbenannt.Selbst in den Bäumen saßen Fans, die einen Blick auf das deutsche Team mit Herbert Klein aus München erhaschen wollten, der vier Wochen zuvor in 2:27,3 Minuten einen Weltrekord über 200m Brust aufgestellt hatte. Allerdings nicht im heute üblichen Schwimmstil, sondern mit Schmetterlingsarmzügen – was auch ein Jahr später nit mehr regelkonform war. Zu den Stars der „Squadra Azzuri“ gehörte ein Mann names Carlo Pedersoli.

Der drahtige Jüngling, der mit 59,8 Sekunden als einziger Starter über die 100m Freistil die damals noch viel mehr begehrte Minutengrenze knackte, eroberte sich schnell die Herzen der vor allem weiblichen Zuschauer, die dem Charme des „Stiers von Rom“ erlagen. Für eine junge Gmünder Bäckerstochter soll es tatsächlich ein Techtelmechtel mit dem späteren Olympiateilnehmer aus Italien gegeben haben. Später prügelte sich dieser als Bud Spender zusammen mit Filmpartner Terence Hill, der mit bürgerlichen Namen Mario Girotti heißt, durch zahlreiche Italo-Western und erlangte Weltruhm. Dabei gerieten seine schwimmsportlichen Meriten zwar in den Hintergrund, aber vergessen hat man sie in Schwäbisch Gmünd und auch beim Schwimmverein nicht.

„Ich habe Programmhefte verteilt“, erinnert sich zum Beispiel Manfred Bihr an das erste Pedersoli-Gastspiel in der Stauferstadt zurück. Brigitte Finkeisen-Berg, die damals noch Frank hieß, stand ebenfalls am Beckenrand, als die Asse aus Deutschland und Italien ins Wasser sprangen und das Team der Bundesrepublik mit 88:59 Punkten siegte. „Der Länderkampf war eine Riesensache, wir fieberten dem Ereignis entgegen“, wurde auch der heute 76 Jahre alte Manfred Bihr, der noch immer bei den SVG-Senioren aktiv ist und Titel auf nationaler Ebene holt, von dem Enthusiasmus erfasst, der sich breit machte, als der Länderkampf an die Stadt vergeben wurde und der Schwimmverein als Ausrichter fungierte. Auch der heutige SVG-Ehrenvorsitzende Walter Botsch war ein Zeitzeugen beim Auftritt von Carlo Pedersoli.
Noch einmal kehrte Pedersoli nach Gmünd zurück. Drei Jahre nach dem Länderkampf im Freibad „Schießtalsee“ gab es im alten Hallenbad einen Klubkampf zwischen dem SVG und Lazio Rom. Der Renommierklub aus der italienischen Hauptstadt hatte keinen Geringeren als Carlo Pedersoli in seinen Reihen, der aber nur in den Staffeln und bei einem Wasserballspiel zum Einsatz kam. Erneut waren die Zuschauerränge auf der Galerie brechend voll. „Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Ein Klubkampf zwischen Gmünd und Rom. Das ist heute unvorstellbar“, meint Manfred Bihr, der sich vor allem an eines erinnern kann: „Ich habe über 100m Freistil Paolo Pucci geschlagen.“ Der Römer wurde vier Jahre später in Budapest mit 56,3 Sekunden Europameister über diese Strecke.

Da hatte Carlo Pedersoli, der am 29. Oktober 1929 in Neapel geboren wurde, seine Badehose bereits an den Nagel gehängt. Nach zwei Olympischen Spielen 1952 in Helsinki und vier Jahre später in Melbourne – dort belegte er Rang elf über 100m Freistil – ging er nach Südamerika zurück. Dort lebte der spätere Doktor in Jura schon vor seiner Schwimmkarriere. Fließbandarbeiter, Bibliothekar und Konsulatsmitarbeiter waren die Stationen des späteren Mimen, der 1967 mit Mario Girotti in „Gott vergibt – wir beide nie“ und „Zwei vom Affen gebissen“ erstmals in einer Hauptrolle vor der Kamera stand und zu Bud Spencer mutierte. Es waren aber nicht seine ersten Engagements. Schon 1950 bekam er eine Statistenrolle im Monumentalschinken „Quo Vadis“. Im Schwimmen wurde er zwischen 1949 und 1956 sechsmal italienischer Meister über 100m Freistil, ehe Paolo Pucci seine Nachfolge antrat. Trotz seiner Erfolge als Filmheld hat der inzwischen mehrfache Großvater seine sportliche Herkunft nie vergessen. So war er im Sommer 2009 zum Beispiel Gast bei den WM in Rom. Zwar wollten seine Beine nicht mehr so recht, aber Pedersoli ließ es sich nicht nehmen, der heutigen italienischen Schwimm-Diva Federica Pellegrini zu ihren Triumphen über 200m und 400m Freistil zu gratulieren. „Ich verfolge den Schwimmsport schon noch“, meinte er damals mit dem Lächeln, mit dem er sich vor sechs Jahrzehnten unter anderem in Gmünd in die Herzen seiner eben vor allem weiblichen Fans geschwommen hat.
Wohl weniger erinnern wird er sich an eine Episode seiner aktiven Laufbahn im Wasser, die sich auch in Gmünd zugetragen haben soll. Als es beim Wettkampf nicht so recht lief, soll er seinem Ärger Luft gemacht haben, als er kurzerhand das Mobiliar seines Zimmers im Hotel „Josefle“ zu Kleinholz machte und dies in Richtung Johanniskirche schleuderte. Ob er schon damals für seine Prügeleien in Streifen wie „Vier Fäuste für ein Halleluja“, mit dem ihm 1970 der Durchbruch bei seinen deutschen Filmfans gelang, trainierte, ist nicht überliefert. Zumal diese Szenen in der Regel mit seinem Stuntman Ron Russel gedreht wurden. Wenn am Freitag das Freibad „Schießtalsee“ in „Bud-Spencer-Bad“ umbenannt wird, werden wohl keine Fäuste mehr fliegen.

© Gmünder Tagespost 30.11.2011