Hans-Peter Gratz (SV Schwäbisch Gmünd) ist zum Disziplinchef für das Schwimmen im Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband ernannt worden

Wegen Corona sitzen die Schwimmerinnen und Schwimmer in Deutschland derzeit auf dem Trockenen. Wettkämpfe finden vorerst keine statt. Nur die Kadermitglieder dürfen im Hallenbad trainieren. Auch beim Schwimmverein Gmünd. Dennoch gibt es aus Gmünder Sicht eine erfreuliche und besondere Erfolgsmeldung. Der 24jährige ehemalige Gmünder Bundesligaschwimmer und angehende Sportmediziner Hans Peter Gratz ist zusammen mit der 28fachen deutschen Meisterin und Europameisterin von 2010 über 50 m Brust  Dorothea Brandt (36) aus Bremervörde zu Disziplinchefs fürs Schwimmen im Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband (ADH) ernannt worden. Gemeinsam übernahmen sie die Nachfolge von Dr. Willi Wirtz.

 

„Für uns als Deutscher Schwimmverband ist diese Konstellation mit zwei ehemaligen Aktiven, die früher selber auch in diesem Bereich gestartet sind, natürlich ein großes Glück“, sagt Bundestrainer Hannes Vitense, der über Jahre den früheren Gmünder Spitzenschwimmer Henning Mühlleitner (jetzt Neckarsulmer Sportunion) trainierte. „Im Spitzenbereich des deutschen Schwimmsports trifft man bekanntlich viele Studierende. Denen können und wollen wir gemeinsam wichtige Schritte in ihrer Entwicklung ermöglichen, zum Beispiel auch durch die Teilnahme an großen Multisportevents wie die Universiade oder die Studenten-EM. Dies kann ja auch ein optimaler Einstieg für talentierte Nachwuchsathlet*innen sein auf dem Weg hin zu einer erfolgreichen Olympiateilnahme für den DSV“, ist sich Vitense sicher. 

 

Als Jahreshöhepunkt im Hochschulsport steht für 2021 beispielsweise die Universiade in Chengdu (China) vom 18. - 29. August an. Die Erstellung der Normzeiten und Nominierungskriterien dafür, die Nominierung an sich sowie die Betreuung am Wettkampfort gehören zu den Aufgaben der Disziplinchefs, ebenso die Organisation der Deutschen Hochschulmeisterschaften (DHM) und andere Entwicklungsmaßnahmen.

 

 „Ich wollte ja eigentlich nie als Trainerin oder Funktionärin arbeiten“, erzählt Brandt: „Aber nun lerne ich durch dieses Amt noch eine ganz andere Seite des Sports kennen.“ Brandt hatte 2004 und 2016 an den Olympischen Spielen teilgenommen, war 2010 Kurzbahn-Europameisterin und insgesamt 28 Mal Deutsche Meisterin geworden. Sechs Jahre lang war sie dabei Aktivensprecherin des DSV. 

 

Nach dem Karriereende 2016 beendete sie ihr Psychologiestudium und arbeitet seit einem Jahr als Projektmanagerin bei einem großen Energieversorgungs-Unternehmen. Dem Sport bleibt sie trotzdem verbunden, viel enger und öfter als anfangs gedacht. Ob als Athletik-Trainerin am Bundesstützpunkt Essen (mit entsprechenden Lizenzen fürs Schwimmen, Gewichtheben und Nachwuchsleistungssport), als Mitglied des Ausbilderteams im Landesschwimmverband NRW oder auch als persönliches Mitglied (mit Stimmrecht) im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). „Anfangs stand nur der Gedanke, dass ich dem Sport etwas zurückgeben wollte. Dann habe ich gemerkt, wie viel Spaß mir die Arbeit mit den jungen Leuten macht. Du prägst die ja fürs Leben. Wenn sie lernen, sich mit sich auseinanderzusetzen, respektvoll miteinander umzugehen, sich zu wertschätzen und auch einander zu wertschätzen - das ist einfach cool.“

 

Ähnlich liegt der Ansatz auch bei Hans Peter Gratz. Das Talent zum Schwimmen wurde ihm quasi in die Wiege gelegt: Seine Mutter Barbara Schuster-Gratz ist stellvertretende Vorsitzende des Schwimmverein Gmünd, der Opa war der bekannte Gmünder Sportarzt Dr. Gerhard Schuster. Schon mit neun Jahren nahm Hans-Peter an Wettkämpfen teil, seinen größten Erfolg feierte der Mittelstreckler (200 m Freistil in 1.57 Minuten) mit der 4 x 200 m Freistilstaffel des SVG, die 2015 bei den Deutschen Meisterschaften Fünfter wurde. Ein Jahr zuvor stand Hans Peter im Finale bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften. Nach dem Abi am Hans-Baldung-Gymnasium studierte Gratz mit einem Stipendium zwei Semester Sportmanagement am College der Delta State University in Cleveland/Mississippi. Dort trainierte und schwamm er mit und für das Uni-Team, mit dem er durch die ganzen Südstaaten reiste und an Wettkämpfen erfolgreich teilnahm. Im Oktober 2016 begann Hans Peter Gratz eine Ausbildung als Physiotherapeut an der Stauferklinik in Mutlangen – mit klarem Ziel: „Ich will Medizin studieren.“ Das macht er inzwischen im achten Semester an der Universität zu Lübeck.

Im August 2016 war Hans Peter Gratz bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro einer von 50 ausgewählten Teilnehmern am Jugendlager des Deutschen Olympischen Sportbundes, das von der Deutschen Sportjugend und der Deutschen Olympischen Akademie durchgeführt und vom Bund gefördert wurde. Neben sportlichen Topleistungen mussten auch soziale, musische und kulturelle Kompetenz und Engagements nachgewiesen werden.

 

Dort war der frühere Schülermentor nicht nur interessierter Zuschauer der sportlichen Wettkämpfe, sondern gleichzeitig kritischer Beobachter der Sportorganisationen und Verbände. Hans Peter Gratz: „Die krassen sozialen Unterschiede in Rio besonders in den Favelas sowie das Thema Doping haben mich besonders sehr beschäftigt. Ich habe da so richtig erkannt, dass ich auch ohne internationale Medaillenerfolge dem Schwimmsport sehr viel zu verdanken habe. Und das will ich dem Sport durch mein Engagement im Hochschulverband und in der Sportjugend zurückgeben“.

 

Seit zwei Jahren ist Hans Peter Gratz bereits Junior-Botschafter für Dopingprävention der Deutschen Sportjugend. „Juniorenbotschafter/innen sind“, so erklärt Hans Peter Gratz, „junge Menschen im Alter zwischen 18 und 26 Jahren, die freiwillig Verantwortung für gesellschaftliche und (sport)politische Themen übernehmen, mit denen sie sich identifizieren. Sie setzen sich für etwas ein, das ihnen wichtig ist, sie gestalten, werden aktiv und initiieren eigene Projekte in ihren Vereinen und Verbänden“. Aktuell richtet Gratz zusammen mit Jasmin Richter, der Ressortleiterin Dopingpräventation in der Jugendorganisation der Deutschen Taekwondo Union, am 5. Dezember 2020 einen Online Workshop „Schmerzmittelge(-miss)brauch im Sport“ aus.

 

Der Gmünder Schwimmvereinsvorsitzende Roland Wendel begrüßt das Engagement von Hans Peter Gratz im Hochschulverband und in der Sportjugend: „Es ist für uns sehr wichtig, wenn ein Mitglied unseres Vereins in Spitzenorganisationen tätig ist. Sicherlich kann Hans Peter unseren Schwimmerinnen und Schwimmern, die nach der Schule studieren wollen, wertvolle Tipps geben.“ Wendel denkt auch daran, Deutsche Hochschulmeisterschaften in Schwäbisch Gmünd durchzuführen: „Die Pädagogische Hochschule könnte dabei für uns ein idealer Partner sein.“ Hans Peter Gratz, der im Hochschulverband für diese Meisterschaft zuständig ist, steht diesem Vorschlag positiv gegenüber: „Im Jahr 2022 wäre das eine Möglichkeit, im Jahr 2021 ist Wetzlar dran, nach dem die Meisterschaften 2020 coronabedingt in Wetzlar nicht stattfinden konnten“.