So etwas hat es im deutschen Schwimmsport wahrscheinlich noch nie gegeben: Bei den Deutschen Jahrgangsmeisterschaften im schnellen 50-Meter-Becken der Schwimm- und Sprunghalle des Europa-Sportparks in Berlin feierten Zwillingsschwestern einen Doppelsieg. Im Finale über 50 Meter Schmetterling gewannen Marie und Paula Fuchs (beide Geburtsjahrgang 2005) sensationell Gold und Silber. Und nur eine Stunde später erkämpfte sich mit einem tollen Endspurt Paula Fuchs auch noch ihre zweite Silbermedaille über 200 Meter Rücken. Knapp am Edelmetall vorbei schwamm Ida Schneider im 400-Meter Freistilfinale. Sie wurde Fünfte, die Vorläufe beendete sie als Dritte. Über 200 Meter Rücken der männlichen Jugend schaffte Jan Klein den Einzug ins Finale und wurde Siebter.
„Nach zwei Tagen schon eine Gold-, zwei Silber- und zwei Bronzemedaillen auf dem Konto zu haben, damit hätte bei uns niemand zu träumen gewagt. Ich bin superhappy“, funkte ein überglücklicher SVG-Trainer Björn Koch aus der Bundeshauptstadt nach Schwäbisch Gmünd, wo Vorsitzender Roland Wendel völlig baff war: „Sensationell, wir sind alle stolz darauf, wie sich unsere „Dorfhennen“ gegen die Spitzenvereinen aus den Großstädten mit Leistungszentren behaupten. Gratulation an alle, auch an unsere Trainer und Betreuer!“
So ganz im Stillen hatte sich Björn Koch über 50 Meter Schmetterling die besten Chancen auf Edelmetall ausgerechnet. Das bestätigte sich nach den Vorläufen: Hinter Stella Lentge von der SG Frankfurt (28,17 Sekunden) lagen Paula Fuchs (28,27 Sekunden) und Marie Fuchs (28,28 Sekunden) auf den Rängen 2 und 3, doch der Abstand zur Siebten betrug nicht einmal eine halbe Sekunden. Entsprechend eng ging es im Finale auch zu. Alle acht Schwimmerinnen schmetterten fast auf einer Linie gleichauf dem Ziel entgegen. Auf den letzten zehn Meter katapultierte sich Marie Fuchs auf der Bahn 3 nach vorne und schlug in der neuen württembergischen Altersklassenrekordzeit von 27,61 Sekunden als Erste und damit als Deutsche Jahrgangsmeisterin 2023 an. Paula Fuchs machte mit 28,08 Sekunden den Gmünder Doppelfamilensieg perfekt. Für die Vorlaufschnellste Stella Lentge blieb der dritte Platz. „Nach den Vorläufen war es ganz eng, ich habe im Finale einfach alles gegeben – jetzt genieße ich den Sieg, denn die Vorbereitungsphase auf diese Meisterschaften war für mich aus gesundheitlichen Gründen nicht leicht“, sprudelte es aus der Deutschen Meisterin heraus. Paula Fuchs wollte sich über ihren zweiten Platz „nur freuen“, während bei Daniela Fuchs „der Puls am Anschlag“ war. Die Co-Trainerin schaltete aber schnell wieder auf Mutter-Modus: Zur Siegerehrung schickte sie Marie mir einer langen, Paula mit einer kurzen Hose: „Damit man sie auseinanderhalten kann!“
Paula Fuchs stand eine gute Stunde später wieder auf der Startbrücke. Auch für das Finale über 200 Meter Rücken hatte sie sich als Zweite in 2.22,94 Minuten hinter dem Megatalent Maya Werner vom SV Nikar Heidelberg qualifiziert, knapp vor Alessa Mnich von der SG Regio Freiburg und Kim Sophia Schneider von der SG Frankfurt. Im Endlauf dominierte Maya Werner durch forsches Anfangstempo sofort klar das Geschehen und setzte sich am Ende mit tollen 2.14,34 Minuten deutlich durch. Paula Fuchs blieb zu Beginn mit Mnich und Schneider auf gleicher Höhe, auf der dritten Bahn zündete sie aber den Turbo und durfte am Ziel nach 2.18,98 Minuten völlig verdient über die Silbermedaille jubeln. Aus gutem Grund: Mit dieser ihrer neuen persönlichen Bestzeit löschte sie auch den SVG-Altersklassenrekord der Olympiateilnehmerin und der EM-Bronzemedaillengewinnerin Marion Zoller aus dem Jahre 1986 aus. Der Freiburgerin Mnich blieb nur die Bronzemedaille, mit 2.21,35 Minuten deutlich hinter Paula.
Fast hätte es noch einen weiteren Podestplatz für das Gmünder Team gegeben. Ida Schneider (2005), die am Vortag überraschend Bronze über 200 m Schmetterling gewann, hatte sich über 400 Meter Freistil nach neuer Vereinsrekordzeit von 4.27,02 Minuten hinter Maya Werner vom SV Nikar Heidelberg (4.19,29 Minuten) und Yvonne Prehn vom SC Wiesbaden (4.26,74 Minuten) als Dritte qualifiziert. Im Finale blieb sie bis zur Hälfte des Rennens, das die Siegerin Maya Werner in der Superzeit von 4.12,29 Minuten souverän dominierte, auf Medaillenkurs. Doch dann zogen Saskia Blasius vom TSV Neustadt (4.19,58 Minuten), Leonie-Sarah Tenzer von den Wasserfreunden Spandau (4.21,58 Minuten) und Yvonne Prehn (4.22,22 Minuten) an ihr vorbei, so dass Ida als Fünfte in 4.24,69 Minuten, wiederum in neuer Vereinsrekordzeit, anschlug. Trainer Björn Koch ließ keine Enttäuschung aufkommen: „Ida hatte schon über 1400 Meter in zwei Tagen in den Knochen, zudem macht sich gerade auf den langen Strecken bemerkbar, dass unsere Konkurrenz ständig auf einer 50-Meter-Bahn trainiert“. Idas Spezialdisziplin sind ohnehin die 200 Meter Freistil, auf denen sie nochmals nach einer Medaille greifen will.
Am Mittwoch gingen auch die beiden Jungs Jan Klein und Johannes Beyer (beide Jahrgang 2005) über die 200 Meter Rücken an den Start. Während Johannes bei seinen ersten Deutschen Meisterschaften nach persönlicher Bestzeit von 2.14,15 einen respektablen zehnten Platz belegte, gelang Jan mit der Einstellung seines Hausrekordes von 2.13,28 Minuten als Achter erstmals der Einzug in ein Finale bei Deutschen Meisterschaften. Im Endlauf steigerte er sich auf Platz 7 in 2.11,00 Minuten – und löschte damit den Altersklassenrekord von Stefan Talgner aus dem Jahre 1979 aus. Der heutige Sportvorstand des SVG war 1980 Deutscher Meister.
Die Wettkämpfe um die Jugendtitel 2023 dauern noch bis Samstag an. Bis jetzt hat das Gmünder Team aber schon alle Erwartungen übertroffen.